Ventilsitzringe (und Ventile) - ein paar Fragen

Neue Kolben für mehr Pferdchen?

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Sir1
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Ventilsitzringe (und Ventile) - ein paar Fragen

Beitrag von Sir1 »

Aus welchem Material kann man Sitzringe am besten machen? (Ausser "Unobtanium")
Lohnt es sich fertige zu kaufen, z.B. aus der Automobilindustrie (- und woher)?
Wie viel Pressmaß müssen sie haben? 10/100?

Ventile für Autos gibt es ja preiswert. Die sind aber meistens sehr lang - kann man dann kürzen, aber... Die sind ja oft nur ganz oben gehärtet. Wie viel kann man vom Schaft abschneiden bevor man das Weiche trifft?
Grufti
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Beitrag von Grufti »

Moin Sören. Sitzringe findest du im Netz mit Beschreibung über die Eigenschaften. Ich hatte vor zwei Jahren schon mal für die Morini fast genau passende gefunden, finde aber den Hersteller nicht mehr. Die Sache scheiterte damals am Fräsen der Sitze. Mit Handschleifer schlecht machbar. Für das Übermass habe ich 0,13mm gewählt für einen 180 Grad heißen Kopf und minus 20 Grad kalten Sitzring D = 38mm. Eine Profi-Firma hat es schließlich gemacht.
Für den Ventilersatz haben wir immer Autoventile genommen von Schrick/AVL
Die Firma ist hier vor der Tür, aber ich muss die Teile über Sandtler in Bochum beziehen. Auch unsere Motobi-Renner haben diese Ventile. Die sind mit 77mm besonders kurz und da muss 30mm abgeschnitten werden und damit die besonders gehärtete Zone. Die Federkraft ist fast gleich der Morini, die durchschnittliche Drehzahl liegt etwa 1000 Touren höher. Für die Morini muss man 10mm weniger abschneiden und kommt dann schon in den Bereich der gehärteten Zone. Wir haben nichts nachgehärtet, aber das Ventilende bekommt eine deutliche Fase, um ein mögliches Aufpilzen zu vermeiden. Ganz leicht sichtbare Mulden an den Kipphebelbahnen sind nach einiger Laufzeit su sehen, werden aber nicht größer, wenn die Kontaktstellen sich angepasst haben.
Die Nut muss neu angebracht werden, je nach gewählten Keilen und Ventilteller.
Ich polier die Kerbe immer sorgfältig, wegen Ventilabriss.
Die Ventilnummern: 029913008 für 32mm Teller und Länge 111mm
und 0299113011 fur 26mm Teller und Länge 97,3mm
Vorteilhaft ist es, die Nut für die Ventilkeile vorher anzubringen, wenn man keine Drehbank hat.
Als Keile eignen sich SK6, die passen gut für die Titanteller, welche auch auf die Morinifedern passen. Alles nicht gerade billig, aber trotz der "Pfuscherei" ist uns noch nichts um die Ohren geflogen.
Hartmut
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Sir1
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Beitrag von Sir1 »

Hartmut, es ist immer schön zu sehen was du zu Stande bringst und was du dir antraust.
Wenn die Härtung so "lang" ist, würde ich gar nicht in die weiche "Zone" kommen. Ich dachte eigentlich, nur die oberen paar mm waren gehärtet.
Die, die ich gefunden habe, müssen mit ungefähr 12-18 mm gekürzt werden. Die bekommt man für 10-12 Euro (z. B. dieses als Auslassventil: ).
Es deutet auch mehr und mehr darauf hin, dass es die günstigste Lösung ist, fertige Ringe zu kaufen. Stangen- oder Rohr-Material zu finden, scheint mir jedenfalls sehr schwierig zu sein. Ist wohl eine vergessene Kunst so was selbst zu drehen. Nur würde es mir die Lösung mit überschneidende Ringe immer noch interessieren um den bekannten Riss zu verhindern/entfernen, und das geht ja nicht mit Ringe in Standardgrössen - da müsste man tatsächlich selbst was drehen.
Grufti
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Beitrag von Grufti »

Moin Sören - der harte Bereich ist hier scheinbar zu erkennen.
Es kann auch sein, dass die Hartchromschicht unterhalb der Kerbe sichtbar wird.
Schrick-Ventile sind zusätzlich hartverchromt!
Den Trick mit der Nachhärtung (wenn wirklich nötig) kennst du sicher schon:
Kleine Blechdose mit Wasser, Ventil hinein - 50% der Schaftlänge sollen noch aus dem Wasser ragen - mit kräftigem Brenner und nicht zu sauerstoffreicher Flamme das Schaftende zu heller Rotglut bringen und dann die ganze Anordnung so umwerfen, dass das Wasser das Schaftende überflutet. Damit die Feuerwehr anschließend nicht die Werkstatt überflutet, sollte die Nachhärtung außerhalb von geschlossenen Räumen stattfinden :lol:

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Hartmut
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Beitrag von Sir1 »

Übrigens, ich möchte es mal mit Ventile mit 5 mm Schaft versuchen, um hier auch Gewicht zu reduzieren. Aber erstmal will ich es mit 6 mm Ventile ausprobieren. Damit kann ich ja die originale Keile und Ventilteller benutzen.
Würde ein 501-Kopfauslegung (34/26 u. Ventilabstand erhöht) auf einen 400-Motor passen?
(Einlassventil für € 6,37 :shock: )
Grufti
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Beitrag von Grufti »

God morgen Sören, mit 5mm Schaft sparst du etwa 4 Gramm, die du aber mit einem 34 Ventil wieder verlierst. Iris hat noch deutliche Härtezonen an 2 Ventilen fotografiert.
Die Kombination 34 Einlass und 26 Auslass für 66mm Bohrung halte ich für ungünstig. Auch bei aufgebohrtem Zylinder liegen Ventilzonen zu dicht an der Zylinderwand und die Füllung leidet bei hoher Drehzahl. Positiv war immer das größere Auslassventil, bei Iris "Renner" nur auf 24,5 vergrößert. Ventile mit 5mm Schaft werden auch für Betrieb mit Kipphebeln bis Tellergröße 37 mm angeboten. Da muss aber auch alles passen, sonst gibt es verbrannte Sitze.
Weniger ist da mehr.

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Beitrag von Sir1 »

Dornröschen hat ja Lupo-Kolben - also 67 mm, aber 1 mm macht wahrscheinlich keinen Unterschied. Aber ich suche ja auch Lösungen für die Darts - Die 350er Dart fährt ja mit 478-Ventile (also 31/25,5). Das scheint gut zu fungieren.
Intuitiv wollte ich eigentlich 32/24 für die 400-Motoren wählen, aber was hältst du für optimale Größen?
Grufti
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Beitrag von Grufti »

Ja, 32/24 halte ich für eine gute Kombination.
Der Auslasskanal im Sitzring und dahinter sollte mindestens 20 mm weit sein und die Breite der Ventilpassung zwischen 1,3 und 1,6 mm. Die 2 mm Sitzbreite, die in den alten Werkstattbüchern vorgesehen ist, halte ich für ungünstig.
Der Einlasskanal etwa 26 mm, die Gewindehülse an der Ansaugseite passt dann nicht mehr. Ich hab nach Entfernung der Gewindegänge in den Köpfen ein Alurohr 30 x 2 mm eingepasst. Dazu passt ein 26er Rundschiebervergaser oder notfalls ein 28er. Wenig Ansaugfilter und wenig Verstopfung im Auspuff und die Dart geht ab wie Schmitz Katze, wenn ich mit einer Dose Wasser um die Ecke komm.
Hartmut
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Beitrag von heandl »

Hallo Sören,

Sitzmaterial gibt es in einigen Abmessungen auch als Stangen. Aber da der Preis relativ hoch ist, macht das ganze wegen der übermäßigen Zerspanung keinen Sinn. Das abstechen kann ich auch nicht wirklich empfehlen.
Die Sitzringe kannst du ja auch auf Deine benötigten Maße bearbeiten. Für die Fertigung der Sitze im Ring kommst Du ohne Sitzdreh- oder Fräsgerät nicht weit. Das Material killt schnell jedes Werkzeug und braucht unheimlichen Schnittdruck.
Wenn Du überlappende Ringsitze machen willst würde ich Dir Bronze empfehlen. Wenn ein Stahlring erstmal eingesetzt ist, dürfte es aufgrund der unterschiedlichen Schnittbedingungen echt schwer sein eine brauchbare Grundbohrung für den zweiten Ring einzubringen.
Der Schatten bei den abgebildeten Ventilen ist das Ende der Hartverchromung.
Such Dir zum kürzen lieber Ventile die länger sind. Dann kannst Du sie besser einspannen und kommst beim Einstechen nicht in die harte Zone.
Die Schaftenden würde ich auf jeden Fall härten.
Bei den Einstichen mußt Du auf saubere Flächen achten, das nachpolieren ist auf jeden Fall empfehlenswert.
Am einfachsten ist es einen Klemmkeil zu verwenden, dann brauchst Du pro Ventil nur einen Einstich zu machen.

Viele Grüße

Andi
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Beitrag von Sir1 »

Habe heute einen Ventil gefunden und ein bisschen näher angeguckt. Das harte Ende ist tatsächlich nicht besonders hart. Einen Nut einzustechen geht relativ einfach, selbst mit HSS-Werkzeug. Länge würde ich sowieso einfach flexen und dann auf korrektem Mass mit meiner Ventilschleifmaschine bringen. Eventuelle Fase schleifen geht auch damit am einfachsten.

Ich werde mal ein paar von dies und das besorgen. Für 20 Euro für zwei Köpfe kann man ja ruhig ein bisschen experimentieren.

Dann geht es nur um das Material für Sitzringe - Habe bisher gefunden, dass man fertige Ringe (auch) für 5 Euro bekommt. Wenn Rohmaterial nicht wesentlich preiswerter ist, lohnt es sich wohl kaum welche selber zu drehen? Nur interessiert mir immer noch die flexiblen Lösungen zu Problemeliminierung der Risse. Also suche ich preiswerte Materialien, die brauchbar sind...Bronze ist ja nicht ausgesprochen teuer, aber wie sieht es mit Standfestigkeit aus?

Kanäle ausbohren/fräsen, grösseres Gewinde/andere Hülse zu drehen kann ich ja auch machen. Sollte also kein Problem werden. 26er Flach- und Rundschiebervergaser habe ich auch ;)

Übringens: WHB schreibt 1,4 bzw 1,7 mm vor für die Ventilpassung
heandl
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Beitrag von heandl »

Hallo Sören,

Für Sitzringe eignet sich am besten CuAl10Ni. Über die Standzeit auf der Straße kann ich noch nix sagen, vor x Jahren hats aber am Renner super funtioniert.
Viel Vorkriegsmotorräder hatten eingegossene Bronzeringe oder bei teuren Rennern sogar die Köpfe aus Bronze.
Ich denke mittlerweile, dass wenn der Riss schon da ist die sicherste Lösung ist, den kompletten Riss auszufräsen und mit AlSi 12 aufzuschweißen.
Was die Rissneigung verringern dürfte ist ein relativ geringes Pressmaß der Ringe, da würden sich dann wieder Bronze- oder Sinterringe besser eignen als Stahlringe.

viele Grüße

Andi

P.S. Ich hatte schon Ventile, die kurz unter den alten Einstichen abgetrennt wurden und die ließen sich trotz HM Werkzeug fast nicht bearbeiten. Das Problem wird umso kritischer, je dünner der Schaft ist.
Grufti
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Beitrag von Grufti »

Hallo, wie Andi schreibt, auch unterhalb der Keilnut sind die Ventilschäfte noch sehr fest. Sören, die Toyota Ventile sind sehr preiswert. Ich hatte mal 25,5er vom TA22, die haben viel mehr gekostet. Die waren allerdings nicht magnetisch. Bei den Schrick-Ventilen sind die Teller nicht magnetisch, deshalb möglicherweise auch der höhere Preis. Sitzringe mit höherem Kupfer und Aluanteil sind sicher eine gute Lösung, da die Wärmedehnung ähnlich dem Zylinderkopfalu ist. Ventilführungen habe ich oft getauscht, da die Motobis von 7mm auf 6mm Ventilschaft geändert wurden. Bei 200 Grad Kopftemperatur und Führungen auf minus 20 Grad reichten 0,05 - 0,07mm Übermaß für einen gewaltlosen Wechsel. Grauguss oder Bronze machte keinen Unterschied.
Bei Sitzringen hab ich wegen fehlender Werkzeuge keine Erfahrung. Ab da selbst bei dem wassergekühlten T4 Risse zwischen den Sitzringen vorkommen, meine ich, dass die Ringe ohne enge Toleranzmaße eingedrückt werden.
Wenn keiner genaue Daten für die Morini angeben kann, würde ich von einem Übermaß von 0,12 bis 0,14mm für Ringe zwischen 34 - 36 ausgehen und Ringe und Ringsitz nochmal bei 200 Grad auf Abweichungen kontrollieren. Wenn alles so wie berechnet verläuft, die Ringe mit Kältespray herunterkühlen und eindrücken. Wenn trotzdem Risse entstehen, bei Lambertini beschweren! :)
Hartmut
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heandl
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Beitrag von heandl »

Hallo,

die Firma EMM empfiehlt für ihre Ringe ein Schrumpfmaß von 0,075 bis 0,1 mm bei einem Durchmesser von 20 bis 40mm.
Die 0,12 nehm ich immer bei BMW Köpfen bei 40er Ringen, weil die Dinger aufgehen wie Hefeteig. Wieviel Wärmedehnung die Morinis machen hab ich grad nimmer im Kopf.
Das hält zuverlässig.
Bei Bronze kannst Du nochmal mit dem Schrumpfmaß runter.
Laut meinen Notitzen hab ich vor einigen Jahren Bronzeringe mit einem Übermaß von 0,05 (A) und 0,07 (E) verbaut.

Viele Grüße

Andi
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Beitrag von Grufti »

Moin Sören, das ist doch schon mal eine Ansage von Andi. Jetzt geht die Sucherei los.
Vor Jahren haten wir uns wegen größerer Auslassventile Sitze für bleifreien Sprit einsetzen lassen. "Das Beste, was zur Zeit auf dem Markt ist" sagte der Meister.
Bei den Prüfungsintervallen war immer das Ventilspiel an den Auslassventilen verschwunden. So nach etwa 12000 Kilometern war die Einstellschraube fast am Ende und ich schaute mal nach den Sitzringen. Der Sitz war 2mm tiefer im Auslasskanal - am Übergang war noch ein kleiner Grat zu sehen - aber die Ventile noch vollkommen in Ordnung. Ein Betrieb in Bochum besserte nach, denn die alte Firma wurde aufgelöst. Die Ringe von Heute sollen viel besser sein.
Hartmut
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