Corsaro 1200 Erfahrungen
Verfasst: Mittwoch 10. Januar 2007, 22:10
Ciao Tifosi
An alle Freunde der alten, hervorragenden, klassischen Morinis, an alle Freunde moderner Technik, an alle durchgeknallten Liebhaber wirklich schneller Motorräder, die nun auch einmal Erfahrungen zu der neuen großen Morini in diesem Forum lesen wollen. An diejenigen von Euch, die nicht die Möglichkeit haben den weltweit ersten 10000 Kilometer Test der Corsaro 1200 in der "La Strega" zu lesen. Hier nun ein kurzer Abriß der ersten Saison mit dem neuen Piraten.
Im Februar 2006 konnte ich nach langen Kalkulationen, dem ständigen Umdrehen meiner letzten Kröten und einigen Gesprächen mit meinem Ex-Chef (...Motorradhändler), endlich den eigentlich schon lange gefaßten und angekündigten Beschluß eine neue Morini zu kaufen, sobald dieses möglich sein sollte, in die Tat umsetzen. Unter Preisgabe meiner schönen, roten Triumph Daytona, , setzte ich alles in Bewegung und konnte Mitte Februar meine rote Corsaro abholen. Aufgrund des Wetters blieb sie erstmal im Zimmer stehen und sollte ab März ihren Dienst aufnehmen. Dies tat sie nach einmonatiger Feierei leider nicht planmäßig, sondern versagte aufgrund einer inzwischen entladenen Batterie und eines dabei "abgestürzten" Bordcomputers. Nach kurzem Check bei FAR in Fallersleben stellte es sich heraus, daß der hintere Zylinderkopf leider auch noch einen Gußlunker hatte, etwas ölte, und ich nun auf Teile warten mußte. Nach 6 Wochen kamen diese, heißersehnt, zum Einbau, und ich konnte endlich fahren. Nach der ersten Inspektion lief das Motorrad immer unruhiger und ging dann schließlich ganz aus. Man einigte sich als Ursache auf einen defekten/s Rechner/Programm und zufällig sollten zeitgleich alle Kunden auf Garantie eine neue Rechnereinheit, Anlasserübersetzung und Batterie erhalten. Das paßte eigentlich ganz gut, da damit der etwas unrunde Lauf im Schiebebetrieb verbessert werden sollte. Weitere 6 Wochen Wartezeit bedeuteten allerdings einen schon ziemlich peinlichen Fehlstart. Leider lief das Moped nach Einbau der neuen Teile auch nicht. Nach einigem Hin und Her stellte sich heraus, daß der "neue" Kopf aus Italien leider seine Ventilkeile nicht richtig sitzen hatte. Beinaheabsturz, Desaster knapp vermieden!
Klassischer hätte ein Fehlstart nicht stattfinden können. Es hatte halt schon so einen dämlichen Testpiloten wie mich treffen müssen um das Abenteuer auch zum glücklichen Ende zu bringen. Obwohl...zeitweise ließ mein Durchhaltewille und der Glaube an eine glückliche Morini-Zukunft zu Wünschen übrig. (Nur die Harten kommen in den Garten, oder...irgendwann ist jede Pechsträhne beendet!!!)
Leute, der Optimismus und Kampfgeist wurde belohnt! Nun begann tatsächlich der schöne Teil der Saison, Ende Juli 2006.
Das Ding lief plötzlich wirklich hervorragend. Kein Ruckeln, kein Hacken im hohen Gang. Springt immer (wirklich immer!) an. Bei jeder Temperatur ( 0° C. bis 40°C.), im Regen, im Staub des heißen WM-Sommers, in der Stadt nach kurzer Kurzstrecke und nach langem, heißen Galopp über die Piste. Und dieses einschmeichelnde Gefühl, im superbequemen Sattel mit schmalem Lenker, optimalen Rasten, beim blubbernden Bollern des Motors seidenweich über schlechte Strecken zu gleiten. Jederzeit zu infernalischer Leistung bereit wie eine zum Sprung bereite Wildkatze, die erst schnurrt und dann ihren wilden Charakter herausschreit. "Dr. Jeckyll and Mr. Hyde" ...oder eine unter Tarnung fahrende Freibeutergalleone, die plötzlich beidreht, den Jolly Roger aufzieht, losgelassen ihre ganze Harmlosigkeit ablegt und nur noch angreift. Immer nach vorn...Attacke. Bei Vollgas in den unteren Gängen sieht man, je nach Körperspannung, entweder den Himmel, oder das Cockpit knallt plötzlich an´s Visier des Helmes. Das schont vielleicht den Vorderreifen, erfordert aber etwas Übung um nicht erschrocken die Kontrolle zu verlieren. Im höheren Gang dreht das Ding mit leicht werdender Lenkung brutalst nach vorn.
Der Durchzug ist der Hammer. Der beileibe nicht harmlose Triumph Triple sieht dagegen etwas bemüht aus, vor allem weil er dabei schon bald doppelt so hoch drehen muß.
Buckel, Dellen, Löcher, Wellen werden locker, zielgenau und stabil überflogen. Das Fahrwerk ist allererste Sahne!
Das Motorrad könnte etwas kleiner und leichter sein.
Der Verbrauch ist mit 7-8 Litern Sprit meiner Meinung nach etwas zu hoch. Das Cockpit verträgt den Sprit im Falle einer Benzindusche leider überhaupt nicht und wird milchig und rissig. Vorsicht bei dem Versuch wirklich vollzutanken. Die Pirelli Reifen finden sicher einen besseren Nachfolger bei Michelin Pilot Power oder Conti Attack. Allerdings halten sie relativ lange. Hinten knapp 6000km und vorn bislang 10500km, ...aber schon ziemlich runtergefahren, vor allem an der Seite.
Die Bremsen sind, denke ich, guter Klassendurchschnitt. Um sich bei diesem Thema zu verbessern empfehle ich eher ein Sicherheitstraining. Ehrlich gesagt hätte ich ein ABS mitgekauft wenn es denn eines gegeben hätte.
Nach einiger Zeit fing der Motor oberhalb des Ritzeldeckels an zu ölen. Zum Glück ließ es sich von außen wieder abdichten. Um es richtig zu machen müßte der Motor ausgebaut und geöffnet werden, weil es sich um die Gehäusedichtung handelt. Mal sehen wie lange das hält. Das erste Rennstreckentraining und die weiteren 3000 Kilometer blieb es bislang trocken. Insgesamt hat man das Gefühl, daß am Motor insgesamt ordentlich mit Dichtpaste herumgeschmiert wurde.
Die mechanische Geräuschkulisse ist nicht unbedingt so ruhig wie man das erwartet oder gewünscht hätte. Es rasselt doch auf der rechten Seite ganz ordentlich. Eventuell handelt es sich um Resonanzschwingungen aus dem Steuerkettentrieb. Aber der Triple ist eigentlich auch nicht viel leiser. Von Ducati ganz zu schweigen.
Die Anti Hopping Clutch arbeitet neutral und funktioniert scheinbar gut.
Das Lenkkopflager hat, weil es zu fest angezogen war, leider bereits eine leichte Mittelrastung.
Endgeschwindigkeit 255 Sachen!
Insgesamt handelt es sich nach über 10000 Kilometern, in 4 Monaten weitgehend störungsfrei abgefahren, um ein herrliches, schnelles Superbike mit Fighterqualitäten. Unglaublich dynamisch, toller Seriensound, hervorragende Verarbeitung, Spitzendesign, erstklassige Zulieferteile, sehr gute Lackierung, tolle Details. Aber auch ein PC als elektronische Anlage für Zündung und Einspritzung, mit elektronischen Gimmicks im Cockpit, "entmündigender" Startautomatik und schlecht erreichbarer Batterie, die ein extra verlegtes Ladekabel aus dem Zubehör erfordert.
Fazit: Fehlstart mit anschließender endloser Begeisterung.
Hervorragendes Motorrad! Nicht umsonst dritter Platz beim "Bike of the year"
Wer sich jetzt entscheidet wird ein relativ ausgereiftes, zuverlässiges Motorrad erhalten. Ich kann sie nur allen Interessenten empfehlen. Kleinere Mängel bleiben der Natur eines italienischen Motorrades sympathischerweise erhalten.
Ich freue mich auf die nächste Saison und bin wirklich froh diese Entscheidung getroffen zu haben, auch wenn dafür meine "Moral" hart geprüft wurde.
Corsaro Freunde. Wir treffen uns beim 27. Morini Treffen an der tschechischen Grenze bei Winfried. Und bis dahin viel Spaß!
Viva Morini per sempre
Dirk scuderia Corsa Corsaro
An alle Freunde der alten, hervorragenden, klassischen Morinis, an alle Freunde moderner Technik, an alle durchgeknallten Liebhaber wirklich schneller Motorräder, die nun auch einmal Erfahrungen zu der neuen großen Morini in diesem Forum lesen wollen. An diejenigen von Euch, die nicht die Möglichkeit haben den weltweit ersten 10000 Kilometer Test der Corsaro 1200 in der "La Strega" zu lesen. Hier nun ein kurzer Abriß der ersten Saison mit dem neuen Piraten.
Im Februar 2006 konnte ich nach langen Kalkulationen, dem ständigen Umdrehen meiner letzten Kröten und einigen Gesprächen mit meinem Ex-Chef (...Motorradhändler), endlich den eigentlich schon lange gefaßten und angekündigten Beschluß eine neue Morini zu kaufen, sobald dieses möglich sein sollte, in die Tat umsetzen. Unter Preisgabe meiner schönen, roten Triumph Daytona, , setzte ich alles in Bewegung und konnte Mitte Februar meine rote Corsaro abholen. Aufgrund des Wetters blieb sie erstmal im Zimmer stehen und sollte ab März ihren Dienst aufnehmen. Dies tat sie nach einmonatiger Feierei leider nicht planmäßig, sondern versagte aufgrund einer inzwischen entladenen Batterie und eines dabei "abgestürzten" Bordcomputers. Nach kurzem Check bei FAR in Fallersleben stellte es sich heraus, daß der hintere Zylinderkopf leider auch noch einen Gußlunker hatte, etwas ölte, und ich nun auf Teile warten mußte. Nach 6 Wochen kamen diese, heißersehnt, zum Einbau, und ich konnte endlich fahren. Nach der ersten Inspektion lief das Motorrad immer unruhiger und ging dann schließlich ganz aus. Man einigte sich als Ursache auf einen defekten/s Rechner/Programm und zufällig sollten zeitgleich alle Kunden auf Garantie eine neue Rechnereinheit, Anlasserübersetzung und Batterie erhalten. Das paßte eigentlich ganz gut, da damit der etwas unrunde Lauf im Schiebebetrieb verbessert werden sollte. Weitere 6 Wochen Wartezeit bedeuteten allerdings einen schon ziemlich peinlichen Fehlstart. Leider lief das Moped nach Einbau der neuen Teile auch nicht. Nach einigem Hin und Her stellte sich heraus, daß der "neue" Kopf aus Italien leider seine Ventilkeile nicht richtig sitzen hatte. Beinaheabsturz, Desaster knapp vermieden!
Klassischer hätte ein Fehlstart nicht stattfinden können. Es hatte halt schon so einen dämlichen Testpiloten wie mich treffen müssen um das Abenteuer auch zum glücklichen Ende zu bringen. Obwohl...zeitweise ließ mein Durchhaltewille und der Glaube an eine glückliche Morini-Zukunft zu Wünschen übrig. (Nur die Harten kommen in den Garten, oder...irgendwann ist jede Pechsträhne beendet!!!)
Leute, der Optimismus und Kampfgeist wurde belohnt! Nun begann tatsächlich der schöne Teil der Saison, Ende Juli 2006.
Das Ding lief plötzlich wirklich hervorragend. Kein Ruckeln, kein Hacken im hohen Gang. Springt immer (wirklich immer!) an. Bei jeder Temperatur ( 0° C. bis 40°C.), im Regen, im Staub des heißen WM-Sommers, in der Stadt nach kurzer Kurzstrecke und nach langem, heißen Galopp über die Piste. Und dieses einschmeichelnde Gefühl, im superbequemen Sattel mit schmalem Lenker, optimalen Rasten, beim blubbernden Bollern des Motors seidenweich über schlechte Strecken zu gleiten. Jederzeit zu infernalischer Leistung bereit wie eine zum Sprung bereite Wildkatze, die erst schnurrt und dann ihren wilden Charakter herausschreit. "Dr. Jeckyll and Mr. Hyde" ...oder eine unter Tarnung fahrende Freibeutergalleone, die plötzlich beidreht, den Jolly Roger aufzieht, losgelassen ihre ganze Harmlosigkeit ablegt und nur noch angreift. Immer nach vorn...Attacke. Bei Vollgas in den unteren Gängen sieht man, je nach Körperspannung, entweder den Himmel, oder das Cockpit knallt plötzlich an´s Visier des Helmes. Das schont vielleicht den Vorderreifen, erfordert aber etwas Übung um nicht erschrocken die Kontrolle zu verlieren. Im höheren Gang dreht das Ding mit leicht werdender Lenkung brutalst nach vorn.
Der Durchzug ist der Hammer. Der beileibe nicht harmlose Triumph Triple sieht dagegen etwas bemüht aus, vor allem weil er dabei schon bald doppelt so hoch drehen muß.
Buckel, Dellen, Löcher, Wellen werden locker, zielgenau und stabil überflogen. Das Fahrwerk ist allererste Sahne!
Das Motorrad könnte etwas kleiner und leichter sein.
Der Verbrauch ist mit 7-8 Litern Sprit meiner Meinung nach etwas zu hoch. Das Cockpit verträgt den Sprit im Falle einer Benzindusche leider überhaupt nicht und wird milchig und rissig. Vorsicht bei dem Versuch wirklich vollzutanken. Die Pirelli Reifen finden sicher einen besseren Nachfolger bei Michelin Pilot Power oder Conti Attack. Allerdings halten sie relativ lange. Hinten knapp 6000km und vorn bislang 10500km, ...aber schon ziemlich runtergefahren, vor allem an der Seite.
Die Bremsen sind, denke ich, guter Klassendurchschnitt. Um sich bei diesem Thema zu verbessern empfehle ich eher ein Sicherheitstraining. Ehrlich gesagt hätte ich ein ABS mitgekauft wenn es denn eines gegeben hätte.
Nach einiger Zeit fing der Motor oberhalb des Ritzeldeckels an zu ölen. Zum Glück ließ es sich von außen wieder abdichten. Um es richtig zu machen müßte der Motor ausgebaut und geöffnet werden, weil es sich um die Gehäusedichtung handelt. Mal sehen wie lange das hält. Das erste Rennstreckentraining und die weiteren 3000 Kilometer blieb es bislang trocken. Insgesamt hat man das Gefühl, daß am Motor insgesamt ordentlich mit Dichtpaste herumgeschmiert wurde.
Die mechanische Geräuschkulisse ist nicht unbedingt so ruhig wie man das erwartet oder gewünscht hätte. Es rasselt doch auf der rechten Seite ganz ordentlich. Eventuell handelt es sich um Resonanzschwingungen aus dem Steuerkettentrieb. Aber der Triple ist eigentlich auch nicht viel leiser. Von Ducati ganz zu schweigen.
Die Anti Hopping Clutch arbeitet neutral und funktioniert scheinbar gut.
Das Lenkkopflager hat, weil es zu fest angezogen war, leider bereits eine leichte Mittelrastung.
Endgeschwindigkeit 255 Sachen!
Insgesamt handelt es sich nach über 10000 Kilometern, in 4 Monaten weitgehend störungsfrei abgefahren, um ein herrliches, schnelles Superbike mit Fighterqualitäten. Unglaublich dynamisch, toller Seriensound, hervorragende Verarbeitung, Spitzendesign, erstklassige Zulieferteile, sehr gute Lackierung, tolle Details. Aber auch ein PC als elektronische Anlage für Zündung und Einspritzung, mit elektronischen Gimmicks im Cockpit, "entmündigender" Startautomatik und schlecht erreichbarer Batterie, die ein extra verlegtes Ladekabel aus dem Zubehör erfordert.
Fazit: Fehlstart mit anschließender endloser Begeisterung.
Hervorragendes Motorrad! Nicht umsonst dritter Platz beim "Bike of the year"
Wer sich jetzt entscheidet wird ein relativ ausgereiftes, zuverlässiges Motorrad erhalten. Ich kann sie nur allen Interessenten empfehlen. Kleinere Mängel bleiben der Natur eines italienischen Motorrades sympathischerweise erhalten.
Ich freue mich auf die nächste Saison und bin wirklich froh diese Entscheidung getroffen zu haben, auch wenn dafür meine "Moral" hart geprüft wurde.
Corsaro Freunde. Wir treffen uns beim 27. Morini Treffen an der tschechischen Grenze bei Winfried. Und bis dahin viel Spaß!
Viva Morini per sempre
Dirk scuderia Corsa Corsaro