Fussrastenanlage Corsaro 1200 selber eloxieren

Erfahrungen, Tipps und mehr zur 1200er Corsaro

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Toolmaker
Colomi
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Fussrastenanlage Corsaro 1200 selber eloxieren

Beitrag von Toolmaker »

Hallo Zusammen

Glücklicherweise habe ich als ins Forum „Zurückkehrender“ noch ein paar meiner ausführlicheren Beiträge aus der Zeit vor dem Crash auf meiner Festplatte gespeichert, hier der Erste.
Der Bericht ist von 2016, also bitte berücksichtigt, dass die genannten Preise und Quellen ggf. nicht mehr aktuell sein können.


War (bin) mir bei der Zuordnung nicht ganz sicher, da der Beitrag übergreifend anwendbar ist, habe mich aber entschlossen, das Thema unter Corsaro 1200 zu platzieren, da der beschriebene „Erstversuch“ von mir eben genau hierfür umgesetzt wurde.

Da das mein erster Beitrag ist, hier kurz etwas zur Vorstellung.
Nach über zehn Jahren Geduld war es kürzlich so weit:
Nun steht endlich eine rote Veloce Bj.2007 bei mir in der Werkstatt.

Auf Grund von Beruf, Familie und nicht zuletzt eines recht ehrgeizigen Haus (Selber-) Bauprojektes war das Thema Corsaro 1200 bei mir zwar stets präsent aber eben bis kürzlich nicht in Reichweite zumal sich bei mir in über30 Jahren Motorrad- Schrauber Hobby ohnehin der eine oder andere liebgewonnene alternative Fahr- Untersatz angesammelt hat.
Da ich auf Grund meiner beruflichen Tätigkeit eine ziemlich gute Vorstellung von dem außergewöhnlichen Engagement und den zahllosen unbezahlten Überstunden habe, welche die Kollegen bei Morini aufwenden mussten, um dieses großartige Projekt trotz knapper Ressourcen zu ermöglichen, zolle ich dem Ergebnis höchsten Respekt. Kleine Schwächen machen die temperamentvolle Italienerin deshalb für mich nur noch sympathischer.


Nun zum Thema.
Was fällt auf dem Bild sofort auf?

Bild

Ja richtig, an dieser Veloce fehlen die originalen Fahrer Fußrasten! Das war für mich aber in so fern kein echtes Problem, da ich als langjähriger Sporttourer- Fahrer nicht unbedingt sooo scharf auf die zurückverlegte Version der Veloce war. Nur optisch passte die Farbgebung nun überhaupt nicht ins Bild. Warum Lackieren keine Option ist, brauche ich sicher nicht weiter zu vertiefen.
Also schwarz eloxieren, so viel war schon mal klar!
Ich kenne ein paar Galvanik- Buden in unserer Gegend aber grade 'drum: Mit ein wenig Betteln und reichlich Geduld klappt das schon, aber wirklich gerne machen die solche Kleinaufträge nicht.

Nach einiger Recherche war klar, dass die do- it- your- self- Variante mit vertretbarem Aufwand und zu Kosten, die ich für die Ausführung ohnehin hätte einplanen müssen, machbar zu sein schien.
Wo ich mir hingegen nicht so sicher war, war die Frage, ob mich das Ergebnis zufrieden stellt.
Sich hin und wieder an etwas Neues heranzutrauen und dann mit Geduld so lange zu probieren bis das Ergebnis stimmt, stellt doch aber den besonderen Reiz unseres Schrauber- Hobbys dar oder?

Ergebnis vorab: Nachmachen dringend empfohlen!

1. Theorie:
Eine Eloxieranleitung und das benötigte Spezial- Zubehör gibt es hier:
http://www.electronic-thingks.de/de/elo ... itung.html
Da die Theorie dort nachzulesen ist, werde ich im Nachfolgenden nicht versuchen, alles was dort ohnehin gut erklärt ist, haarklein wiederzugeben, sondern mich darauf konzentrieren, Euch meine Erfahrungen bzgl. Aufwand, Ablauf und Ergebnis darzustellen.

Kurzzusammenfassung: Eloxieren ist eigentlich kein Beschichtungsverfahren im klassischen Sinne eines Schichtauftrages sondern vielmehr ein elektrolytisch unterstütztes Oxidieren des Trägermaterials im Anoden- Verfahren (Anodisieren → engl. anodizing).
Dieses passiert in einem zweistufigen Prozess, wobei die in der ersten Stufe auf der Oberfläche entstehende (mehr oder weniger poröse) Zwischenverbindung vor der zweiten Stufe eingefärbt werden kann. (...aber nicht muss.) In einem optionalen Zwischenschritt eingebrachten Farbpigmente werden in der zweiten Stufe bei der sich eine dichte Al2O3 Schicht ausbildet, quasi als „Fremdkörper“ eingeschlossen.
Die ausgebildete Al2O3 Schicht zählt zu den härtesten und abriebfestesten Verbindungen überhaupt und wird nur noch von wenigen, ausgenommen teuren high- tech- Beschichtungsverfahren (z.B. CVD/ PVD) übertroffen.
Praxistaugliche Schichtstärken liegen im Bereich zwischen ca. 20-200µm.

2. Organisation
Auf der verlinkten Website (aber auch in der Bucht) sind Starter- Sets (ca.42,-€) zu bekommen. Kann man kaufen, muss man aber nicht. Ich habe mal nachgerechnet: Wenn man den Inhalt des Starter- Sets auf die Sachen, die man unbedingt braucht reduziert, ist der aufgerufene Preis aber fair, da dem Set an Eloxalfarben neben Tiefschwarz auch Rot und Gold beiliegen. Hierbei sei bemerkt, dass das beiliegender schwarze Farbpulver (10g) für 1-1,2 Liter Farbbad reicht, was sich für die beschriebene Anwendung als grenzwertig erwiesen hat, da die Bauteile im Farbbad komplett bedeckt sein müssen. (Ich musste ziemlich suchen um geeignete Behältnisse zu finden, die auf der einen Seite in Breite mal Länge groß genug für die Bauteile waren aber doch nicht zu groß als das der Füllstand mit der Farblösung zu niedrig gewesen wäre.)


2.1) Verbrauchsmaterial:
a) 30-40Liter Demi- Wasser (z.B. Kaufland ca.33cent/Liter)
b) 1-2 x Rohrfrei Pulver (kein Witz: Natrium- Hydroxid) (z.B. Kaufland <2,-€ pro Pack)
Anmerkung: Dem Set liegen 125g NaOH- Pulver bei: nice to have, Rohrreiniger tut's genauso!
c) 4-5L Batteriesäure (ggf. reicht weniger, siehe Bemerkung bzgl. Farbbad) (??? hatte ich noch)
d)* Eloxier- Farbpulver min.10g besser 20g (siehe Webshop oder Bucht 7,75€/10g-Pack)
e)* 1m Titan- Draht Ø1 (siehe Webshop oder Bucht 6,19€/Meter)
f)* Sealing Lösung (siehe Webshop oder Bucht 11,95€/100ml; im Set sind 30ml enthalten)
Anmerkung: Der Anbieter hält sich bzgl. der chemischen Zusammensetzung verschiedener angebotener „Sealingprodukte“ sehr bedeckt und hebt die Vorteile hervor, schließt aber grundsätzlich nicht aus, dass es nicht auch ohne ginge.
g)* Konservierungszusatz (siehe Webshop oder Bucht 10,95€/30ml)
Anmerkung: Der Zusatz (Biozid) wird für den Prozess grundsätzlich nicht benötigt sondern soll die Langzeithaltbarkeit des Farbbades gewährleisten.
h)* Aluminiumreiniger (Webshop oder Bucht, 11,95€/250g; im Set sind 125g enthalten)
Anmerkung: Ich habe den Reiniger (Entfetter) für die beschriebene Anwendung nicht verwendet sondern NaOH- Lösung zu b). Sollen neue Teile ohne vorhandene Eloxal- Schicht behandelt werden und die metallisch glänzende Oberfläche (Dreh- / Fräsbild oder poliert) möglichst erhalten bleiben, so ist die Verwendung eines Reinigungsbades der Behandlung in einer NaOH- Lösung vorzuziehen. Der Nachteil in der Anwendung des Aluminiumreinigers liegt darin, dass hierfür eine zusätzliche Heizplatte benötigt wird, um das Reinigungsbad auf 60-70°C zu halten.

mit x)* gekennzeichnet Positionen liegt dem Starter- Set bei.
Bemerkung: Je nach Größe der verwendeten Wannen reicht bei a),b) und c) ggf. auch weniger, siehe Anmerkung zum Thema Farbbad weiter oben.

2.2) „Invest“
Labornetzteil, regelbar 0-5A, 0-30V (Bucht < 60€ inkl. Versand)
Anmerkung: Dieses Gerät ist für die beschriebene Anwendung hinsichtlich Stromstärke völlig ausreichend. Wer von vornherein mehr Geld für ein Gerät mit einer höheren Stromstärke ausgeben will, hat später die Möglichkeit, auch größere Bauteile zu eloxieren.
Als Anhaltswert: Um eines der seitlichen Auspuff- Hitzeschilde der Corsaro zu eloxieren würde ein 10A Netzteil grade noch ausreichen. Ich selber war mir über Praxistauglichkeit und Ergebnis nicht sicher genug um gleich in ein 30 oder 60A Gerät zu investieren.

2.3) Sonstiges Zubehör:
– Schutzbrille/ -handschuhe
– mindestens eine Kochplatte (besser 2 um Farb- und Sealingbad parallel betreiben zu können)
– 3 Kunststoffwannen für die Bäder (10-20Liter)
– ein Metallstab/ Rohr (Messing, Kupfer oder Edelstahl) als Anodenträger
– ein großer Kochtopf mit Deckel für das Sealingbad
– ein Metallgefäß für das Farbbad (siehe Bilder weiter unten)
– zwei Badethermometer
– ein Eimer zum Abspülen (alternativ auch ein Waschbecken in „Reichweite)
– mehrere Kühlakkus (Bei Bedarf, je nach Jahreszeit/Temperatur in der Werkstatt)
– 1-2m Edelstahl- Schweißdraht (wenn vorhanden -spart Zeit- mehr Titan- Draht geht auch)

Ich habe für die Ausstattung alles in allem inkl. einer zweiten Kochplatte (eine hatte ich) ca. 150,-€ aufgewendet. Das für den gezeigten Umfang verbrauchte Material liegt bei unter 5,-€

2.4) Sicherheitshinweise
Ich möchte Euch weder nerven noch die Sache als dramatischer darstellen als sie ist aber bitte lest und beachtet die auf erwähntem Link wiedergegebenen Sicherheitshinweise.

3. Vorbereitung der Bauteile
Ich habe die Fußrasenanlage komplett zerlegt und alle „Fremdmetallteile“ entfernt, also auch die Bronzebuchsen aus den Hebeln ausgepresst.
Bemerkung: Mal ganz davon abgesehen, dass Fremdmetall- Ionen zu Verfärbungen führen können, sollten speziell die hochfesten Schrauben mit denen Fußrasten an den Trägern verschraubt werden auf jeden Fall nicht mit ins Säurebad. (Gefahr der Wasserstoffversprödung)
Kunststoffteile (Beispiel Wärmeschutz Fersenschoner rechts) können zur Not dranbleiben.
Nachfolgend habe ich die Teile gereinigt. Nicht unbedingt so penibel wie zum Lackieren aber schon gründlich. (Wer die Möglichkeit hat, kann auch kurz Glasperlenstrahlen.)
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Ach so, ja: nachdem sich die Sache gut anging, habe ich mich zwischendurch entschieden, Bremsankerplatte und Stellstücken gleich noch schnell mit zu machen.

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Anmerkung für das Eloxieren „jungfräulicher“ Teile: Das Oberflächenfinish (Fräs- Drehspuren,...) bleibt so wie es ist. Jeder Kratzer ist nachher immer noch da. Gleichmäßig matte Flächen sollten vorher durch Glasperlenstrahlen, blanke durch Polieren usw. erzeugt werden.

In das Entfernen von Macken auf bereits gebrauchten eloxierten Teilen (so wie hier) bitte vorerst bitte keine Mühe aufwenden, geht später besser.
Passungen sollten vor der weiteren Behandlung sorgfältig mit Kunststoffband abgeklebt oder ablackiert (Tipp: Schellack, der geht nachher mit Spiritus wieder gut ab) werden. Ich hatte es bei den Passbohrungen für die Lagerbuchsen nicht gemacht und daraus gelernt, denn nach dem Eloxieren waren die Passungen 15µm größer und die Buchsen lose. Das war im konkreten Fall glücklicherweise behebbar. Habe die Buchsen mit Loctite 648 eingeklebt, -geht.!

4. Entfernen der alten Eloxidschicht
Funktioniert im Bad mit Natriumhydroxid (kann mit DEMI- Wasser angesetzt werden, muss aber nicht) bei der Konzentration hatte ich mit 750g auf 10 Liter Wasser bei 15°C gute Ergebnisse. In Abhängigkeit der Temperatur reicht ggf. auch weniger.
Auf der Verpackung des verwendeten Rohrreinigers steht übrigens drauf, das der nicht für Aluminium geeignet ist. :-)
Es dauerte ca. 30 Minuten (abhängig von Konzentration und Raumtemperatur) bis die alte Eloxalschicht komplett entfernt war. Bei manchen Teilen ging der Ablöseprozess etwas schneller,
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manche brauchten länger...


Dem erwähnten Starterset liegt Titandraht bei. Den kann man zum Aufhängen der Teile im NaOH- Bad nehmen. Da das aber nur ein (verdammt teurer) Meter Draht ist und ich mir einen Arbeitsvorrat an Teilen schaffen wollte um flüssig weiterarbeiten zu können, habe ich mir aus Edelstahl- Schweißdraht einen kleinen Vorrat an Hacken gebogen. Diese lassen sich grundsätzlich für alle Arbeitsgänge außer dem Anodenbad einsetzen, dazu aber gleich mehr.
Fertig abgelöste Bauteile zeigen eine gleichmäßig graue Verfärbung. Einige Teile zeigten einen grau- braunen Schlierfilm auf der Oberfläche. Dieser stört aber nicht, denn er verschwindet später im Anodenbad von selber.

Bauteile nach dem NaOH- Bad bitte gut mit Leitungswasser spülen. Ein neben das Bad gestellter Eimer mit Wasser tut's.

Die Teile sahen nach der Behandlung alles andere als schön aus und zeigten z.T. auch noch Schmutzecken. Ich habe die Teile Bedarfsweise mit Bürste und 3M Pad gereinigt.

So, jetzt ist der perfekte Zeitpunkt zum „Aufhübschen“.
Besonders das Schleifen mit Schleifleinen und 3M- Pad geht nach dem Ablösen der Eloxalschicht bedeutend besser. Wenn Kratzer und Macken stören: Jetzt oder nie! Nachher (vor allem wenn vorher silbern und später schwarz) stört das mehr als vorher! Ich habe an einigen Stellen noch die bei der Herstellung etwas lieblos verputzten Druckguss- Trenngrate mit der Feile nachbearbeitet.

→ ab hier ist der Ablauf bei „jungfräulichen“ Teilen gleich

5. Vorbehandlung

In diesem Arbeitsgang wird das Bauteil final entfettet/ gereinigt.

Anmerkung: Für Teile die nach dem Schritt zu 4.) nicht mit den Fingern berührt werden müssen (keiner Nacharbeit bedürfen) kann dieser Schritt übersprungen werden.

Von der Sache her wiederholt sich der Ablauf im NaOH- Bad wie zu 4. nur reichen jetzt 4-5 Minuten. Alternativ kann auch der zu 2.1.h) erwähnte Alu- Reiniger verwendet werden.
Der Nachteil des Alu- Reinigers liegt aber darin, dass das Bad auf ca. 60°C erhitzt werden muss. (dritte Wärmequelle erforderlich)
Der Alu- Reiniger hat aber auch einen Vorteil: Der Glanzgrat der Oberfläche bleibt erhalten, währenddessen das NaOH- Bad einen leicht satinierenden Effekt bringt.
Ist ein glattes aber leicht mattiertes Finish gewünscht, so kann das erreicht werden, in dem das Teil vorher poliert wird und danach eine längere Zeit im NaOH Bad bleibt.

Hinweis: Schwimmt auf dem NaOH- Bad vom Schritt 4 bereits ein leichter Fettfilm, so ist es für diesen Arbeitsschritt nicht mehr geeignet.
Bitte die Teile ab jetzt nicht mehr mit bloßen Fingern und nach Möglichkeit auch nicht mit dem Handschuh berühren.
Ich habe die Teile vor Schritt 5) auf Titandraht umgehängt und ab da nur noch den Draht berührt.

→ Bauteile die aus dem NaOH Bad kommen, bitte mit Leitungswasser abspülen!

6. Wässern (Vorgang wiederholt sich später)
Kunststoff- Wanne mit 5-10 Litern DEMI- Wasser
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Warum nochmal Wässern?
1. Könnte man natürlich gleich aus dem Laugenbad in das Bad mit DEMI- Wasser wechseln (abspülen mit Leitungswasser überspringen) würde dabei aber jedes Mal Chemikalien verschleppen und so das Bad schnell verunreinigen.
2. Könnte man diesen Schritt überspringen, (Schließlich wurden die Teile bereits mit Leitungswasser abgespült.) würde dabei aber mit dem aus dem Leitungswasser verschleppten Kalk das nachfolgende Bad verunreinigen.
3. Können die Teile im Demibad bis zur Weiterbearbeitung zwischengelagert werden, was die Teile zuverlässig vor Verschmutzungen schützt.

Anmerkung: Die im Foto erkennbaren Verfärbungen traten im NaOH Bad in Abhängigkeit der jeweiligen Legierungen nur bei die den „aus dem Vollen“ gefertigten Teilen auf, verschwanden aber im nächsten Bad von selbst.

7. Anodenbad
Hier beginnt der eigentliche Eloxier- Prozess.
Das 18,5% Schwefelsäurebad entsteht aus Batteriesäure (37%) und derselben Menge Demi- Wasser.
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Zur Kontaktierung der Bauteile wird der Titandraht verwendet. Ich habe aus einem Meter vier gleichlange Drahthaken angefertigt. Eine zuverlässige Kontaktierung ist möglich, indem das Drahtende am Bauteil V- förmig gebogen wird, sodass der (leicht federnde) Draht in einer Bohrung im Teil klemmt.
Das verwendete Messing- Rohr dient als Stromzuführung für die Anode und die Alu- Platte im Bild auf der rechten Seite in der Wanne als Kathode.
An dem gezeigten Netzteil wird der Strom entsprechend der Bauteilgröße (Oberfläche) eingestellt. (Die Spannung wird automatisch nachgeregelt.) Richtwert: 1,5A/100cm2 bei einer Stunde Prozesszeit. Ein abweichendes Stromstärke- / Oberflächen- Verhältnis ändert die erforderliche Verweilzeit, wobei ich die Erfahrung gesammelt habe, dass viel Strom nicht unbedingt viel hilft, längere Zeit bei weniger Strom schon. Speziell der der linke Fersenschoner erwies sich als zickig da nach 15min. plötzlich kein Strom mehr floss und sich im Nachgang beim Färben zeigte, dass der Schichtaufbau zu schwach war. Beim zweiten Anlauf (vorher im NaOH- Bad wieder abgelaugt) klappte es perfekt, indem ich die Sache langsam anging und die Stromstärke nach 45min von 1,2 auf 2A erhöht habe.
Mehrere Teile gleichzeitig im Anodenbad zu behandeln geht auch, erfordert aber ein gewisses Fingerspitzengefühl, da nicht beeinflussbar ist, welches Teil wie viel Strom zieht. Im Fall von Brems- und Schalthebel auf einmal war zum Beispiel an der Bläschenbildung gut zu erkennen, dass der Schalthebel viel mehr Strom zog als der Bremshebel. Ich habe das dann so gelöst, indem ich den Schalthebel nach 45min herausnahm und den Bremshebel mit reduzierter Stromstärke für weitere 45min im Bad ließ.

Bild

Für das Säurebad wird ein Thermometer benötigt.
Die Badtemperatur sollte 20°C nicht überschreiten. Durch den Energieeintrag wird das Bad aber langsam erwärmt. Ich hatte ob der frischen Winter- Temperaturen aber auch aufgrund der ausreichend großen Wärmekapazität des 10 Liter Bades wenig Probleme. Bedarfsweise hilft der Einsatz von Kühlakkus und das Vorkühlen des in Kanistern abgefüllten Ansatzes im Werkstattkühlschrank.
Noch ein Tipp: Im Anodenbad entstehen am Teil Gasbläschen. Bitte achtet bei der Lage der Teile darauf, dass sich die Gasbläschen nicht in einem Hinterschnitt sammeln und so den Schichtaufbau an dieser Stelle verhindern.
Nach dem Anodenbad ist die Prozedur mit dem Abwaschen mit Leitungswasser und Wässern im DEMI- Bad zu wiederholen.
Hinweis: In diesem Zustand (bis zum Versiegeln) sind die Teile am empfindlichsten!

8. Färben
Wie ich finde der spannendste Arbeitsgang!
Das Farbbad wird mit Farbpulver und DEMI- Wasser entsprechend Dosiervorschrift (steht auf dem Farbbeutel und ist je Farbe unterschiedlich) angesetzt. Das Bad soll eine Temperatur von 40-50°C haben. (hierfür das zweite Thermometer) Die gewünschte Farbsättigung hängt von der Verweildauer im Bad ab, was bei Schwarz aber keine große Rolle spielt.(schwärzer als Schwarz geht halt nicht):-) Maximal 20 Minuten Verweildauer reicht in jedem Fall. Sollten die Teile dann nicht ausreichend gefärbt sein, ist entweder die Farblösung zu stark verdünnt oder die im Anodenbad erreichte Schichtstärke war nicht ok.
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So sah der Fußbremshebel vorher und nach ca. 30s im Farbbad aus. Nach vollen 15 Minuten im Farbbad war er Nachtschwarz.

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Wie im Bild schon zu erahnen habe ich die Prozedur mit dem Abspülen mit Leitungswasser und wässern im Demi- Wasser wiederholt.

9. Versiegeln
Im letzten Arbeitsgang wird die fertige Eloxalschicht ausgebildet.
Das passiert im Wasserbad (Demi- Wasser) knapp unter dem Siedepunkt.
Entsprechend Lieferantenempfehlung habe ich ein paar ml Sealing- Lösung zugegeben.

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Die Teile bleiben ca. eine Stunde im Bad. Ein Deckel hilft ungemein, die Menge an Wasser die verdunstet zu reduzieren.

10. Fertig!
Die Durchlaufzeit liegt bei etwas über drei Stunden. Allerdings lässt sich der Prozess gut staffeln, sodass ich außer zu Beginn und am Schluss immer alle Bäder belegt hatte.
Alles in Allem habe ich inkl. Ab- und Anbau der Teile vom Bike, Vorbereitung der Bäder...
ca. 9 Stunden gebraucht und nebenbei blieb noch etwas Zeit übrig, ein paar andere Sachen zu schrauben.

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Unterm Strich hat sich der Aufwand für mich auf jeden Fall gelohnt, weil mich das Ergebnis absolut überzeugt und na ja, da ich jetzt weiß wie's geht... :-)

Weiterführender Link:
https://www.youtube.com/watch?v=9qMU3cXGnxU
Ich fand es schon spannend, dass wir unabhängig voneinander auf Basis desselben Problems und derselben Anleitung zu na-ja, ähnlichen Lösungen gekommen sind.



Beste Grüße und viel Spaß beim Nachmachen
Lutz
mrmike
Morinisti
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Registriert: Dienstag 12. Februar 2019, 16:03
Wohnort: CH - 3634 Thierachern

Re: Fussrastenanlage Corsaro 1200 selber eloxieren

Beitrag von mrmike »

Hallo Lutz

Vielen Dank für diesen interessanten und ausführlichen Bericht! Ich lese solche Sachen immer sehr gerne und es bringt auch etwas Bewegung in so ein Forum.
Selber stand ich auch schon vor diesem Thema, habe es bis jetzt aber selber noch nicht probiert.
Mit hier beschriebenen Erfahrungen und Anleitung, werde ich vielleicht diesen Versuch selber auch mal machen.

Gruss Mike
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