„On any Sunday“ oder „Samstag kurz vor Polen“
Verfasst: Sonntag 9. Oktober 2011, 20:21
Ahoi!
Nachdem ich mal drei Jahre für den Naturschutzbund Deutschland gearbeitet habe (ich war jung und brauchte das Geld), bin ich natürlich ein großer Freund der artgerechten Tierhaltung. Es reifte also der Plan, dem Kamel mal wieder richtig Auslauf zu geben. Die gelegentlichen kurzen Runden um den Dresdner Flughafen auf Schotter und Feldwegen sind nicht wirklich ergiebig und zudem wahrscheinlich nur semilegal.
Auch Werkstattkollege Peter meinte, dass sich seine XR600 schon zu lange die Stollen platt steht und so wurde flugs im Internet nach einem geeigneten Gelände gesucht. Beim Motorsportzentrum Jänschwalde wurden wir fündig. Zwischen Cottbus und Polen ist es nicht allzu weit von Dresden und bei Google Earth sieht es nach einem Waldgebiet aus und nicht nach Tagebaufolgelandschaft.
Der erste Plan sah vor, neben dem T4 für den Motorradtarnsport auch den Transit mitzunehmen, um über Nacht zu bleiben und 2 Tage fahren zu können. Die angekündigten Nachttemperaturen von 3°C ließen uns dann aber davon absehen. Und so wurden am Samstag Morgen in aller Frühe die Sitzbänke aus Peters T4 durch XR600 und das Kamel getauscht, ein bisschen Werkzeug dazugeworfen und gen Nordosten gestartet.
Das Gelände zu finden war nicht schwierig, ersten gibt’s ja Navis und zum anderen wird Brandenburg hinter Cottbus sehr übersichtlich. Kurz die Anmeldeformalitäten erledigt und sich die Geländeordnung erklären lassen und schon sind wir mit dem T4 ins Fahrerlager. Bislang ist wenig los, auf der Cross-Strecke springen zwei Quads durch die Luft und ein paar Väter in unserem Alter schrauben an der 50er Quads des Nachwuchses rum. Keine Zweiräder zu sehen … .
Wir haben uns aber nicht lang mit Nachdenken beschäftigt, sondern schnell die Mopeten aus dem Wagen geschoben, die Motorradplünnen übergeworfen, gestartet und ab an den Eingang zu den beiden Offroadstrecken gebraust. In Jänschwalde, so wurde es uns bei der Anmeldung erklärt, gibt es, neben einer Kartbahn, zwei längere Offroad-Strecken durch den Kiefernwald, eine Grube (?) und eine Moto-Cross-Strecke. Wir versprechen uns das größte Vergnügen von den Offroad-Strecken und starten, in der Hoffnung auf sportlich-entspanntes „durch den Wald cruisen“, wie wir es vor 1 ½ Jahren in Polen hatten, in die erste Runde!
Boah, was geht denn hier ab? Dass wir es überwiegend mit sandigem Untergrund zu tun haben werden, damit hatte ich gerechnet. Brandenburg ist ja nicht gerade für seine schweren Lößböden bekannt. Aber hier geht es nur durch mindestens knöcheltiefen Sand. Eine Kurve nach der anderen, alles Anlieger, geht es im Zickzack um die Kiefern. Damit einem vor lauter „anbremsen, nach vorn rutschen, Fuß raus, Gas“ nicht langweilig wird, ist die Strecke auch noch mit mehr oder weniger tiefen Löchern versehen. Die weniger tiefen Löcher versauen einem den Versuch auf den kurzen Geraden zwischen den Anliegern vielleicht doch mal in den Dritten oder gar Vierten zu schalten, die Tiefen verlangen Respekt. Erst geht es zwei, drei oder auch mal vier Meter runter in ein Sandloch und dann gleich – ohne Chance auf Anlauf oder kurzes Innehalten dieselbe Höhe wieder rauf. Während Peter zwar nicht elegant aber immerhin weitestgehend aufrecht diesen Parcour mit der XR600 durcheiert, liegen das Kamel und ich mehrfach gemeinsam im Lausitzer Sand. Mal darf das Kamel oben liegen, mal ich – wir haben uns nicht geschont.
Nach einer ersten Runde ist definitiv klar, mit „cowtrailing“ hat das hier nichts zu tun. Ich bin pitschnass geschwitzt, japse durch die Gitane Filtre nach Luft und frage mich, ob wir noch eine Runde überleben. Die technische Schäden halten sich auch nach drei bis vier Stürzen in Grenzen: irgendwie ist die gesamte StVO relevante Elektrik ausgefallen, aber ich will und könnte mich auf diesen Strecken auch gar nicht auf’s Blinken oder Hupen konzentrieren. Wird schon kein großer Fehler sein.
Wenn das Kamel kopfüber im Sand gelegen hat, will es nicht mehr so gern anspringen, es braucht ein paar Minuten. Aber das kommt mir ganz gelegen, nachdem ich es wieder auf die Räder gestellt hab, muss ich mich erstmal entspannen.
Nach dieser denkwürdigen ersten Runde ist klar, warum das hier so aussieht: die Quad wühlen sich mit Vollgas wie die Wildschweine durch den Wald. Den knöcheltiefen Sand brauchen sie zur Dämpfung und die für uns haarsträubenden Anlieger sind für die Vierfüßler einfach Steilkurven, durch die es ungebremst durchgeht. Schon klar, warum auch jetzt noch nicht mehr Motorräder im Wald sind.
Peter und ich wagen aber noch ein paar Runden und es geht zumindest eine Zeit lang jedes mal ein klein wenig besser.
Zwischendurch drehen wir auch auf der Moto-Cross-Strecke ein paar Runden. Hier fährt es sich deutlich leichter und auch schneller, aber die Vollcrosser und Quads, die uns hier mit noch größerer Geschwindigkeit um die Ohren donnern, lassen nicht so richtig Fahrspaß aufkommen. Und für die sind wir auch nur rollende Schikanen.
Schon mal von einem 10jährigen auf ner 80er überholt worden?
Also geht es noch mal ein bisschen durch den Wald, und es wird schon fast ein Ritual: Anlieger, Loch, Anlieger, Tiefsand, plumps … Kamel hinstellen, aus der Piste zerren, Gitane Filtre anstecken, abwarten. Nach 10x Treten geht weiter, um nach 15 Minuten wieder Zeit für eine Zigarette im Sand zu finden.
Um vier Uhr nachmittags packen wir das Geraffel wieder in den T4 und düsen um ein paar Erfahrungen reicher zurück nach Dresden.
War insgesamt ein schöner Tag und hat auch Spaß gemacht. Das Kamel ist auch über Feldwege und Kiesgruben hinaus geländetauglich, die XR600 ist mit 30kg weniger Gewicht, Cross-Reifen und mehr Federweg für so einen Spielplatz allerdings deutlich besser geeignet.
Ich muss das aber in der Form so schnell nicht noch mal haben. Den Winter über reicht mir die Runde um den Dresdner Flughafen.
Bei einem Zwischenstopp mit Cafe am IBA-Zentrum Großräschen (Zukunftsprojekt zur Renaturierung der Lausitzer Tagebaufolgelandschaft) treffen wir auf eine Karawane Landrover und –cruiser, die eine geführte Tour durch die Tagebaufolgelandschaften machen. Wir sprechen den Guide an, ob es so was auch für Motorräder gibt. Aber er winkt ab – legale geführte Touren gibt es nur für Quads und Fourwheeler, Motorräder, so hat eine Behörde entschieden seien zu laut.
Vielleicht sollte ich mal den Gleichstellungsbeauftragten konsultieren, ich fühle mich ob meiner Gesinnung benachteiligt.
Der Totalausfall der Elektrik ließ sich noch am selben Abend beheben: bei einem der ersten Umfaller ist das Kabel zur linken Lenkerarmatur gedehnt worden und die Steckverbindung unterm Tank wurde getrennt. Bei ner Morini geht nicht wirklich was kaputt …
Bilder gibt es, bis auf diese zwei, keine. Nachdem ich mir schon die Zigarettenschachtel zerknickt hatte, wollte ich nicht mit der Kamera um den Hals in den Sand fallen.
Nachdem ich mal drei Jahre für den Naturschutzbund Deutschland gearbeitet habe (ich war jung und brauchte das Geld), bin ich natürlich ein großer Freund der artgerechten Tierhaltung. Es reifte also der Plan, dem Kamel mal wieder richtig Auslauf zu geben. Die gelegentlichen kurzen Runden um den Dresdner Flughafen auf Schotter und Feldwegen sind nicht wirklich ergiebig und zudem wahrscheinlich nur semilegal.
Auch Werkstattkollege Peter meinte, dass sich seine XR600 schon zu lange die Stollen platt steht und so wurde flugs im Internet nach einem geeigneten Gelände gesucht. Beim Motorsportzentrum Jänschwalde wurden wir fündig. Zwischen Cottbus und Polen ist es nicht allzu weit von Dresden und bei Google Earth sieht es nach einem Waldgebiet aus und nicht nach Tagebaufolgelandschaft.
Der erste Plan sah vor, neben dem T4 für den Motorradtarnsport auch den Transit mitzunehmen, um über Nacht zu bleiben und 2 Tage fahren zu können. Die angekündigten Nachttemperaturen von 3°C ließen uns dann aber davon absehen. Und so wurden am Samstag Morgen in aller Frühe die Sitzbänke aus Peters T4 durch XR600 und das Kamel getauscht, ein bisschen Werkzeug dazugeworfen und gen Nordosten gestartet.
Das Gelände zu finden war nicht schwierig, ersten gibt’s ja Navis und zum anderen wird Brandenburg hinter Cottbus sehr übersichtlich. Kurz die Anmeldeformalitäten erledigt und sich die Geländeordnung erklären lassen und schon sind wir mit dem T4 ins Fahrerlager. Bislang ist wenig los, auf der Cross-Strecke springen zwei Quads durch die Luft und ein paar Väter in unserem Alter schrauben an der 50er Quads des Nachwuchses rum. Keine Zweiräder zu sehen … .
Wir haben uns aber nicht lang mit Nachdenken beschäftigt, sondern schnell die Mopeten aus dem Wagen geschoben, die Motorradplünnen übergeworfen, gestartet und ab an den Eingang zu den beiden Offroadstrecken gebraust. In Jänschwalde, so wurde es uns bei der Anmeldung erklärt, gibt es, neben einer Kartbahn, zwei längere Offroad-Strecken durch den Kiefernwald, eine Grube (?) und eine Moto-Cross-Strecke. Wir versprechen uns das größte Vergnügen von den Offroad-Strecken und starten, in der Hoffnung auf sportlich-entspanntes „durch den Wald cruisen“, wie wir es vor 1 ½ Jahren in Polen hatten, in die erste Runde!
Boah, was geht denn hier ab? Dass wir es überwiegend mit sandigem Untergrund zu tun haben werden, damit hatte ich gerechnet. Brandenburg ist ja nicht gerade für seine schweren Lößböden bekannt. Aber hier geht es nur durch mindestens knöcheltiefen Sand. Eine Kurve nach der anderen, alles Anlieger, geht es im Zickzack um die Kiefern. Damit einem vor lauter „anbremsen, nach vorn rutschen, Fuß raus, Gas“ nicht langweilig wird, ist die Strecke auch noch mit mehr oder weniger tiefen Löchern versehen. Die weniger tiefen Löcher versauen einem den Versuch auf den kurzen Geraden zwischen den Anliegern vielleicht doch mal in den Dritten oder gar Vierten zu schalten, die Tiefen verlangen Respekt. Erst geht es zwei, drei oder auch mal vier Meter runter in ein Sandloch und dann gleich – ohne Chance auf Anlauf oder kurzes Innehalten dieselbe Höhe wieder rauf. Während Peter zwar nicht elegant aber immerhin weitestgehend aufrecht diesen Parcour mit der XR600 durcheiert, liegen das Kamel und ich mehrfach gemeinsam im Lausitzer Sand. Mal darf das Kamel oben liegen, mal ich – wir haben uns nicht geschont.
Nach einer ersten Runde ist definitiv klar, mit „cowtrailing“ hat das hier nichts zu tun. Ich bin pitschnass geschwitzt, japse durch die Gitane Filtre nach Luft und frage mich, ob wir noch eine Runde überleben. Die technische Schäden halten sich auch nach drei bis vier Stürzen in Grenzen: irgendwie ist die gesamte StVO relevante Elektrik ausgefallen, aber ich will und könnte mich auf diesen Strecken auch gar nicht auf’s Blinken oder Hupen konzentrieren. Wird schon kein großer Fehler sein.
Wenn das Kamel kopfüber im Sand gelegen hat, will es nicht mehr so gern anspringen, es braucht ein paar Minuten. Aber das kommt mir ganz gelegen, nachdem ich es wieder auf die Räder gestellt hab, muss ich mich erstmal entspannen.
Nach dieser denkwürdigen ersten Runde ist klar, warum das hier so aussieht: die Quad wühlen sich mit Vollgas wie die Wildschweine durch den Wald. Den knöcheltiefen Sand brauchen sie zur Dämpfung und die für uns haarsträubenden Anlieger sind für die Vierfüßler einfach Steilkurven, durch die es ungebremst durchgeht. Schon klar, warum auch jetzt noch nicht mehr Motorräder im Wald sind.
Peter und ich wagen aber noch ein paar Runden und es geht zumindest eine Zeit lang jedes mal ein klein wenig besser.
Zwischendurch drehen wir auch auf der Moto-Cross-Strecke ein paar Runden. Hier fährt es sich deutlich leichter und auch schneller, aber die Vollcrosser und Quads, die uns hier mit noch größerer Geschwindigkeit um die Ohren donnern, lassen nicht so richtig Fahrspaß aufkommen. Und für die sind wir auch nur rollende Schikanen.
Schon mal von einem 10jährigen auf ner 80er überholt worden?
Also geht es noch mal ein bisschen durch den Wald, und es wird schon fast ein Ritual: Anlieger, Loch, Anlieger, Tiefsand, plumps … Kamel hinstellen, aus der Piste zerren, Gitane Filtre anstecken, abwarten. Nach 10x Treten geht weiter, um nach 15 Minuten wieder Zeit für eine Zigarette im Sand zu finden.
Um vier Uhr nachmittags packen wir das Geraffel wieder in den T4 und düsen um ein paar Erfahrungen reicher zurück nach Dresden.
War insgesamt ein schöner Tag und hat auch Spaß gemacht. Das Kamel ist auch über Feldwege und Kiesgruben hinaus geländetauglich, die XR600 ist mit 30kg weniger Gewicht, Cross-Reifen und mehr Federweg für so einen Spielplatz allerdings deutlich besser geeignet.
Ich muss das aber in der Form so schnell nicht noch mal haben. Den Winter über reicht mir die Runde um den Dresdner Flughafen.
Bei einem Zwischenstopp mit Cafe am IBA-Zentrum Großräschen (Zukunftsprojekt zur Renaturierung der Lausitzer Tagebaufolgelandschaft) treffen wir auf eine Karawane Landrover und –cruiser, die eine geführte Tour durch die Tagebaufolgelandschaften machen. Wir sprechen den Guide an, ob es so was auch für Motorräder gibt. Aber er winkt ab – legale geführte Touren gibt es nur für Quads und Fourwheeler, Motorräder, so hat eine Behörde entschieden seien zu laut.
Vielleicht sollte ich mal den Gleichstellungsbeauftragten konsultieren, ich fühle mich ob meiner Gesinnung benachteiligt.
Der Totalausfall der Elektrik ließ sich noch am selben Abend beheben: bei einem der ersten Umfaller ist das Kabel zur linken Lenkerarmatur gedehnt worden und die Steckverbindung unterm Tank wurde getrennt. Bei ner Morini geht nicht wirklich was kaputt …
Bilder gibt es, bis auf diese zwei, keine. Nachdem ich mir schon die Zigarettenschachtel zerknickt hatte, wollte ich nicht mit der Kamera um den Hals in den Sand fallen.